Gegen den Trend – aber mit viel Herz

Für Julian Zimmer ist die Arbeit als Fleischermeister viel mehr Berufung als Beruf

KOBLENZ. -rro- Es sind gerade noch 15 Fleischereibetriebe, die die Handwerkskammer für das gesamte Gebiet Koblenz zählt. Und auch das Jahrbuch 2018 des Fleischer-Verbands weist darauf hin, dass das Handwerk gegen einen stetigen Betriebsrückgang zu kämpfen hat. Was also bewegt einen jungen Mann wie Julian Zimmer, in die Fußstapfen seines Großvaters zu treten und den Familienbetrieb mit nur 29 Jahren zu übernehmen? An erster Stelle war es wohl die Erfüllung eines Kindheitstraums, früh entstanden durch die Leidenschaft für ein Handwerk, das die ganze Familie verbindet.

Ein klares Ziel vor Augen

Es ist noch früh am Morgen und es ist dunkel im Fleisch- und Wurstgroßhandel von Horst Heidger in Koblenz-Arenberg. Doch dann wird der Schalter umgelegt und das Licht geht an – endlich. Es war genau dieses Signal, auf dass Heidgers Enkel, Julian Zimmer, in Kindertagen stets sehnsüchtig wartete. „Sobald das Licht anging, wollte ich rüber und mithelfen“, erinnert sich der heute 29-Jährige. „Ich habe gefühlt mehr Zeit meiner Kindheit dort verbracht als auf einem Spielplatz“, scherzt er. Und die Leidenschaft für das Fleischerhandwerk und die Produkte, die es hervorbringt, sind bis heute geblieben. Damit setzt er eine Tradition fort, die schon mit seinem Urgroßvater begann. „Wenn man damit aufwächst, ist der Weg schon ein Stück weit vorbestimmt“, erzählt Zimmer. Vorbestimmt ja – aber wer nun glaubt, der junge Mann hätte eine von der Familie bestimmte Zukunft vor sich gehabt, der irrt: „Meine Eltern wollten mir immer auch Alternativen aufzeigen.“ Julian Zimmer entschied sich aber trotzdem für eine Fleischerlehre in Güls. „Das war genau das, was ich machen wollte.“

Auf dem Weg zum Meister

Eine Zeit lang arbeitete er auch als Koch für einen Mayener Caterer und bei einem Schlachter, bevor er den Entschluss fasste, auch den Meister seines Faches zu erlangen und auf die Frankfurter Fleischerfachschule zu gehen. Im März 2016 kehrte der Koblenzer zurück in den Betrieb seines Großvaters, der selbst noch bis zu seinem 80. Lebensjahr im Betrieb wirkte.

Die Erfüllung eines Kindheitstraums

Das konnte natürlich nicht für immer so weiter gehen und Heidger traf eine Entscheidung, die für Julian Zimmer die Erfüllung eines Kindheitstraums bedeutete: „Mein Opa hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, den Laden zu übernehmen.“ Und das tat er dann Anfang dieses Jahres auch – mit 29 Jahren. Noch etwas, das ihn mit seinem Großvater verbindet, denn auch er hatte in diesem Alter den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.

Kreativität und hohe Verantwortung

Doch was genau ist es, das den jungen Mann so sehr an diesem Handwerk und am Produkt Fleisch begeistert? „Man weiß einfach genau, wo das Tier herkommt“, erklärt Zimmer. „Das ist mir wichtig, denn wir sind zwar ein großer Betrieb, aber kein Industrieunternehmen. Hier geht es noch um Handwerk und Kreativität. Ich möchte immer das Beste aus dem Produkt machen.“ In den Handel kommt deshalb nur das, was auch den hauseigenen Geschmackstest besteht: „Was ich nicht esse, verkaufe ich auch nicht!“ lautet das Credo des Koblenzers. Das Fleisch zur Verarbeitung bezieht er zum größten Teil aus der Region. „Dabei handelt es sich um Weiderinder“, erklärt Zimmer. „Fleisch ist ein absolutes Naturprodukt, der Geschmack hängt von vielen Faktoren ab. Ich möchte deshalb genau wissen, woher das Tier stammt, denn nur dann kann ich sicher sein, dass die Qualität stimmt – und die ist für den Genuss entscheidend!“ Doch Genuss und Qualität gehen bei Julian Zimmer auch immer mit der Frage nach dem Tierwohl einher. Schon als Kind habe er am liebsten dann Fleisch gegessen, wenn er wusste „dass es vom Opa kommt“. „Auch nach der Arbeit beim Schlachthof hatte ich einen ganz anderen Blick“, erklärt er. „Deshalb finde ich es schwierig, wenn Menschen den Preis von Fleisch als ‚zu hoch‘ bemängeln – ehrlich gesagt ist er immer noch zu günstig!“ gibt Zimmermann zu bedenken und fügt hinzu: „Da wünsche ich mir manchmal auch etwas mehr Respekt vor dem Lebewesen.“